JINGLE BOWELS


Titel: Jingle Bowels

Autor: Colja Nowak

Verlag: Independently published

Erschienen: 02. März 2017

Umfang: 216 Seiten (TB)

Genre: Horror

 

Erhältlich als E-Book und Taschenbuch..

 

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Erst einmal: Bei der Suche nach einer Kurzgeschichtensammlung im Genre "Horror" stieß ich auf den obigen Titel, plus den ominösen Begriff "Transgressive Fiction". Jene visuelle Begegnung hatte schwerwiegende Folgen: Zunächst einmal legte ich die Stirn in Falten und bemühte Wikipedia. Als ich endlich vom Englischen ins Deutsche übersetzt hatte, war mein Ehrgeiz geweckt. Wer vegetiert schon gern vor sich her, sozusagen dumm wie ein (sorry Bernd ...) Brot? Folgerichtig erwarb ich das Werk und bewerte es nun, allerdings ohne allzu kryptisches Geschwafel ... ;-).


Einleitung / Besprechung: Wenn warmherzige Hundeliebhaber eine gelungene Story über Vierbeiner veröffentlichen, die für Aufsehen sorgt, herrscht oftmals Taschentuchalarm. Tierfreunde hocken auf dem Sofa und schniefen in den Zellstoff, weil sie kaum fassen können, wie wundervoll das ist und Tierhasser tun das gleiche, weil sie kaum fassen können, wie furchtbar das ist. Als multipler Dosenöffner im Bereich Hunde- und Katzennahrung zähle ich zur Kategorie "A". Trotzdem blieben mir diesmal Sturzbäche der Rührung erspart. Stattdessen wurde oftmals gelächelt - zumindest bei den Geschichten Nr. 1 "Hundsweihnachten" und Nr. 2 "Cocaine Apocalypse". Das mag für ein Buch, welches im Genre "Horror" vertrieben wird, erst einmal kontraproduktiv erscheinen, aber wer (wie ich) einen Hang zu schwarzem Humor und Satire innehat, wird es beim Lesen garantiert verstehen.

 

Das "Tagebuch" des jungen Dackels etwa, der gerade erst den Zahnwechsel gemeistert hat, dann auf (ach so bestialische Weise) sein Herrchen verliert, im Anschluss folgerichtig den Todfeind im eigenen Heim besiegt und schlussendlich auch noch seiner tierischen Mitbewohnerin (Katze) in zweckdienlichster Survival-Art zeigt, wie man unter widrigen Umständen satt wird, hat etwas sehr Unterhaltsames an sich. Ganz zu schweigen vom Happy End in Westernmanier - immer der Sonne entgegen, zwar nicht auf einem Pferd, dafür mit dem Lieblingsplüschtier im Maul. Was für ein feiner (und wahrhaft) unschuldiger kleiner Kerl! Ohne Frage verfügt Colja Nowak über eine soziale Ader und kämpft für eine bessere Welt. Denn: Wären manche Tierfreunde zu ihren humanoiden Lebenspartnern genauso liebevoll und aufmerksam wie zu ihren Vierbeinern, gäbe es weniger Aggressionen, Depressionen und Eifersuchtsdramen unter den Menschen.

 

Dementsprechend freudig stürzte ich mich auf Geschichte Nr. 2 und lächelte erneut vor mich her. Nicht nur, weil endlich Fremdwörter vorkamen die auch der Durchschnittsbürger versteht, etwa "Gangbang" und "Getränkelager", nein, weil auch hier wieder eine gut gemeinte Botschaft enthalten war. Sie lautet: Vorsicht vor maßloser Bigotterie inklusive unkontrolliertem Drogengenuss! Es könnte sein, dass dies tödlich endet. Oder du dich zumindest unsäglich blamierst.

 

Auch im weiteren Verlauf musste ich immer wieder lächeln, allerdings nicht mehr ganz so häufig. Das lag einfach daran, dass im Buch auch Stories zu finden sind, in denen Nowak eine härtere stilistische Gangart an den Tag legt. Nicht weniger satirisch, aber eben sehr düster und schonungslos - bis hin zu ultrahartem Splatter.


Persönliches Fazit: Dieser Autor hält der menschlichen Gesellschaft - und damit letztendlich jedem von uns - den Spiegel vor! Der Homo sapiens, die ausgefeilte Krone der Schöpfung? Selten so gelacht. Die bereits angesprochene Bigotterie, Lust an der Gewalt, Empathielosigkeit, Naivität, Oberflächlichkeit, Labilität und rücksichtsloser Egoismus bis zum Abwinken - Colja Nowak nennt diverse (real existierende) Schwachstellen unserer Baureihe beim Namen. Fantasievoll verpackt, genial ineinander verwoben, flüssig geschrieben und oftmals abrupt (!) endend. Letzteres werte ich als gelungenes Stilmittel, denn es lässt dem Leser keinen Raum für irgendwelche "Schönfärberei im Abgang".

 

In einer Welt, in der eigene Schwächen, Fehler und negative Ereignisse gern zur Gänze Anderen bzw. "den Umständen" (etwa dem Gruppenzwang) in die Schuhe geschoben werden, stellt "Jingle Bowels" ein Highlight mit Tiefgang dar. Es regt zum Nachdenken über das eigene Handeln an. Und passt neben dem Satire- perfekt ins Horror-Genre, denn jener Horror ist stellenweise zum Greifen nah. Stichwort: die täglichen News. Und nun ist sie doch da: die Gänsehaut ... .


Bewertung: Lesenswert ohne Abzug - und das will was heißen, denn normalerweise ist derartiger Horror nicht mein Favorit! 5 von 5 Wiesenhalmen