Autoreninterview / Ralph Sander


"Der Weltraum, unendliche Weiten …"

 

Schon als kleines Mädchen hat mich jener Satz aus dem Star Trek-Universum fasziniert und Captain Kirk, Janeway, Picard und Co. haben durchaus ihren Anteil daran, dass ich im Zuge des weiteren Lebens ein starkes Interesse für die Themen Astronomie und Physik entwickelt habe. Umso mehr freut es mich, heute einen Interviewgast begrüßen zu dürfen, der bereits Biographien über Leonard Nimoy und William Shatner geschrieben hat und in Science Fiction-Kreisen seit Äonen ;-) eine feste Größe darstellt. Doch das ist längst nicht alles! Zudem verfasst RALPH SANDER erfolgreich humorvolle Katzenkrimis, was für literarische Vielseitigkeit und Tierliebe spricht. Und ein prima Cartoonist ist er auch noch, von seiner Tätigkeit als Übersetzer für namhafte Kollegen und Verlage ganz zu schweigen.

 

Euch wie immer viel Spaß beim Lesen und herzlichen Dank an ein echtes Multitalent für ein sehr ausführliches Interview! Live long and prosper, lieber RALPH SANDER … ;-)

 



Lieber Ralph, erfüllt sich mit der Autorentätigkeit ein lang gehegter Traum oder hast du bereits früher Bücher auf den Markt gebracht? 

 

Liebe Jutta, erst mal möchte ich mich für die Möglichkeit dieses Interviews bedanken. Was Bücher angeht, mische ich ja schon eine halbe Ewigkeit mit. Das hat seinen Anfang ja 1986/87 genommen. Seitdem hat sich einiges getan.

 

Gelinde gesagt, lach. Du bist einer der bekanntesten Autoren, die ich bisher begrüßen durfte. Darüber freue ich mich sehr und werde dich später noch nervtötend löchern. Lass uns trotzdem zunächst die schnöden Rahmenbedingen klären: Hörst du Musik, während du schreibst und falls ja, welche Richtung?

 

Grundsätzlich läuft Musik im Hintergrund, weil ich einen stillen Raum als Arbeitsplatz nicht mag. Vorzugsweise orchestrale Filmmusik, aber lange Stücke wie "Autobahn" von Kraftwerk oder eines der frühen Alben von Jean-Michel Jarre sind auch ganz angenehm.

 

Zu welcher Tages- oder Nachtzeit kommen dir für gewöhnlich die besten Ideen?

 

Zu jeder beliebigen Zeit, manchmal gehäuft, wenn ich mich eben erst schlafen gelegt habe. Da ist dann an Schlaf nicht zu denken.

 

Schreibst du nach "Ideen-Erhalt" einfach drauflos und die Story entwickelt sich oder arbeitest du streng nach einem vorab ausgearbeiteten Skript?

 

Das ist sehr unterschiedlich. Manchmal entsteht eine Geschichte aus einer bloßen Titelidee heraus, mal existiert eine Szene oder ein Dialog, der mir durch den Kopf geistert. Das wird notiert und später ausgearbeitet. Ich bleibe nicht immer dem Exposé treu, das meine Grundlage für das Buch ist. Es kommt vor, dass sich eine Szene ergibt, die das Ganze in eine komplett andere Richtung verschiebt.

 

Wo schreibst du bevorzugt?

 

Ausschließlich an meinem Schreibtisch. Ideen sammele ich, wo ich gehe und stehe, mal auf dem Einkaufszettel, mal auf einem Briefumschlag, oder ich schicke mir eine SMS. Exposés entstehen oft, wenn ich z.B. irgendwo einen Termin habe und Zeit totschlagen muss. Aber das Schreiben selbst findet nur in eigenen Büro am PC statt, weil ich woanders nicht die Ruhe habe, die ich haben will.

 

Auf einer Skala von "1" (keimfrei sauber) bis "10" (gerade noch beherrschbares Chaos): Wie ordentlich sieht es an deinem Arbeitsplatz aus, wenn du in die Tasten hämmerst?

 

Hmm. Geht auch 12? :-D

 

Klar ... Ich hab einer Kollegin im Interview diesbezüglich mal eine Machete empfohlen ... um sich den Weg freizuschlagen. Vielleicht hilft dir der Tipp ja ebenfalls.

 

Zumindest würde ich dann die andere Machete wiederfinden, die unter irgendeinem Stapel verloren gegangen ist, als ich das letzte Mal versucht habe, Ordnung zu schaffen.

 

Haha, langsam befürchte ich, du wirst noch viel mehr Schätze finden, vielleicht sogar die ein oder andere neue Spezies ... ;-)

 

Harter Cut. Du durstig bei der Arbeit ... Wer ist dein Favorit? Kaffee, Tee, Kakao, Bier oder nichts von allem?

 

Tee, Wasser, Cola (Reihenfolge beliebig).

 

Naschst du nebenher?

 

Ich versuche es zu vermeiden.

 

Was ist dir in der Regel lieber: Ein Spaziergang mit deinem Lieblingsmenschen am Meer bzw. im Wald oder eine fröhliche Party mit Freunden?

 

Eindeutig der Spaziergang am Meer.

 

Welchen Stellenwert nimmt der Humor in deinem Leben ein?

 

Unverzichtbar, allerdings die feinsinnige Variante, nicht die Schenkelklopfer und Kalauer.

 

Magst du Gartenarbeit?

 

Eher weniger.

 

Welcher ist dein bevorzugter Kleidungsstil und warum?

 

Hauptsache bequem und definitiv nichts von einem Designer, weil bessere Kleidung nicht automatisch einen besseren Menschen aus jemandem macht.

 

Was gibt es Positives über deinen Wohnort zu sagen?

 

Positiv ist, dass wir am Stadtrand relativ ruhig, aber nicht so abgeschieden wohnen, dass jeder Einkauf einer halben Weltreise gleichkommen würde.

 

Was möchtest du deinen Fans mitteilen?

 

Kauft meine Bücher! Kauft meine Bücher! Nein, ernsthaft jetzt: Ich möchte denen danken, die bislang meine Bücher gelesen haben. Ich hoffe, dass es mir gelingt, die Leser noch lange Zeit abwechslungsreich genug unterhalten zu können, um niemals hören zu müssen, dass das ja alles schon mal da war.

 

Was möchtest du deinen Kritikern mitteilen?

 

Das ist ein schwieriges Thema. Ich möchte nicht so weit gehen und sagen, dass Kritiken grundsätzlich überflüssig sind, weil sie nur den persönlichen Geschmack wiedergeben. Kritik ist dann sinnvoll und hilfreich, wenn sie echte Schwächen oder Widersprüche im Plot offenlegt. Dass aber jemand einen Stern vergibt, weil er die Hauptfiguren eines Romans als unsympathisch empfindet, ist für mein Gefühl keine hilfreiche Sache. Schließlich gehen mein Idee und das fertige Manuskript beim Verlag durch viele Hände. Da würde in einer ganz frühen Phase sofort Alarm geschlagen, dass ich an den Figuren noch feilen müsste. Hinzu kommt, dass diese Sternchen oft keine Trennung zwischen grundverschiedenen Dingen erlauben. Da wird bspw. ein Stern vergeben mit dem Kommentar: "Buch hat mir gefallen. Punktabzug, weil es erst nach 14 Tagen geliefert wurde."

 

Verrate uns einen oder zwei deiner Lieblingsfilme.

 

"2001", Jacques Tatis "Mon Oncle", "Noises Off" mit Michael Caine, "Zurück in die Zukunft" (alle drei Teile), "Star Trek – Der Film" (von 1979) … Jetzt höre ich besser auf, sonst wird das eine seeeehr lange Antwort.

 

Was schätzt du an deinen (echten) Freunden am meisten?

 

Dass sie nicht als Erstes "Wieso?" erwidern, wenn man fragt, ob sie ein paar Minuten Zeit haben, sondern "Ja" sagen.

 

Was für ein Projekt steht als nächstes auf dem Programm?

 

In Kürze erscheint "Der kleine Trekkie", der hat – wie der Titel verrät – etwas mit „Star Trek“ zu tun, aber auf eine ganz andere Weise als alles, was ich bisher zum Thema veröffentlicht habe. Mehr verrate ich jetzt noch nicht. Daneben laufen verschiedene Projekte, die unter Pseudonym erscheinen, und darüber hinaus übersetze ich natürlich immer fleißig.

 

Du veröffentlichst u.a. humorige Katzenkrimis, in denen aufmerksame Samtpfoten den menschlichen Charakteren Hilfestellung bei der Aufklärung blutiger Verbrechen geben. Mit Vergnügen habe ich eine Leseprobe aus der erfolgreichen "Kater Brown"-Reihe verschlungen. Dabei ist mir sofort aufgefallen, dass du den Titelhelden offensichtlich nicht großartig vermenschlichst, sondern (real vorhandene) Kommunikationsschwierigkeiten zwischen Zwei- und Vierbeinern klar auf den Punkt bringst. Jene Herangehensweise unterscheidet dich mit Sicherheit von manch anderen Kollegen, die in diesem Genre schreiben. Was fasziniert dich generell an Katzen? Du hättest ja ebenso Meerschweinchen- oder Goldfischkrimis verfassen können ;-)?

 

Bei Goldfischen als Ermittlern hat man ja immer das Problem, dass sie im Wasser sein müssen, und Verfolgungsjagden mit dem Aquarium-Mobil wirken schon etwas seltsam. Das könnte ich mir eher bei Spongebob vorstellen. :-D

 

Die generelle Faszination bei Katzen … Na ja, eigentlich finde ich Tiere durchweg faszinierend, weil sie eigentlich gar nicht so sind, wie Experten das immer gern behaupten. Wir hatten bislang fünf Katzen und früher viele Fundtiere, auch Vögel. Einige von ihnen konnten wir nach dem Aufpäppeln nicht mehr in die Freiheit entlassen, weil sie beim Sturz aus dem Nest Verletzungen davongetragen hatten, die ihnen in freier Wildbahn keine Überlebenschancen erlaubt hätten. Darunter waren zeitweise vier Spatzen. Jeder davon hatte seinen ganz eigenen Charakter, seine persönlichen Vorlieben und Abneigungen. Genauso ist das bei Katzen. Jede hat ein ganz eigenes Wesen.

 

Dass es mich in die Katzenkrimi-Ecke verschlagen hat, kam in erster Linie dadurch zustande, dass ich einen englischen oder amerikanischen Katzenkrimi für einen Verlag begutachten sollte, der so grottenschlecht war, dass ich mich hingesetzt, ein Exposé für einen eigenen Krimi geschrieben und zusammen mit der Begutachtung an den Verlag geschickt habe. Etwas später lag dann der Vertrag in der Post.

 

Aber vielleicht sollte ich die Sache mit dem Goldfisch noch mal in Erwägung ziehen ...

 

Mach das! :-) Ich werde deine Neuveröffentlichungen mit Argusaugen verfolgen, zumindest soweit wie möglich, schließlich veröffentlichst du unter verschiedenen Pseudonymen. Ich kann sehr gut nachvollziehen, dass man Fiction und Non Fiction trennt, aber wieso benutzt du unterschiedliche Autorennamen innerhalb eines Genres?

 

Das hat damit zu tun, dass ich bei verschiedenen Verlagen veröffentliche und mein Pseudonym nicht von Verlag A zu Verlag B mitnehmen kann. Dass ich überhaupt Pseudonyme verwende, hat aber vor allem mit der Erwartungshaltung der Buchkäufer zu tun. Die wollen bei einem Unterhaltungsroman für Frauen meist den Namen einer Autorin auf dem Cover sehen oder z.B. bei den "Rote-Katze"-Krimis, im Bereich Cosy Crime, den eines englischen Autors. Ich würde mir da wirklich ein "Weniger" an Schubladendenken von Seiten mancher Käufer wünschen.

 

Gerade seit ich mich auch bei Facebook herumtreibe, ist mir oft untergekommen, dass "Kater Brown"-Leser mich anschreiben und fragen, ob ich zufällig der Ralph Sander bin, der "Das STAR TREK-Universum" veröffentlicht hat. Wenn ich das bejahe, ist das Erstaunen eigentlich immer sehr groß.

 

Was die Erwartungshaltung bei Autorennamen angeht, kann ich noch eine amüsante, aber auch entlarvende Anekdote liefern. Ich habe vor vielen Jahren mal eine Artikelreihe für die Space View über das Frauenbild in den zu jener Zeit aktuellen SF-Serien geschrieben. Weil man im Verlag der Ansicht war, das Ganze sollte besser unter einem weiblichen Pseudonym erscheinen, haben wir uns eines überlegt. Dann habe ich die verschiedenen Serien mit Blick auf die Frauenrollen analysiert. Es gab daraufhin eine große Anzahl von Leserbriefen, in denen der "Autorin" Einseitigkeit zugunsten der weiblichen Figuren angelastet wurde. Die heftigste Kritik war für mich jedoch gleichzeitig ein unbeabsichtigtes riesiges Lob: Ein Leser regte sich sehr über die Reihe auf und meinte, einen solchen Mist könnte ja nur eine Emanze verbreiten.

 

Herrlich! Realsatire in Reinkultur sag ich da nur ... :-D

 

Sind eigentlich alle Pseudonyme gelüftet oder hältst du manche davon strikt geheim? Wer weiß, vielleicht rede ich ja gerade mit Rosamunde Pilcher und die ältere Dame, die wir ab und an im TV oder Magazinen sehen, ist nichts weiter als eine von dir engagierte Schauspielerin ...

 

Momentan gibt es drei aktive Pseudonyme, die nicht gelüftet sind, aber ich bin auf jeden Fall ich. Ansonsten würdest da nur über meinen Agenten (oder hervorragende Beziehungen) an mich herankommen können. :-D

 

Ich glaube, es existieren noch drei, vier Namen, die ich vor zwanzig Jahren oder so verwendet habe, aber da müsste ich erst mal das Büro auf den Kopf stellen, um die alle zusammenzubekommen.

 

Witzig, ein vielbeschäftigter Autor, der den Überblick über seine Künstlernamen verloren hat, das hat schon was ... :-)

 

Nochmal zurück zum Weltraum. Der ist ja auch recht unüberschaubar. Dein enger Bezug zu "Star Trek" wurde bereits mehrfach erwähnt. Hattest du jemals das Vergnügen (sofern es eins war … ;-)), einen der Darsteller - egal, ob aus der Ursprungsserie oder den "Ablegern" - zu treffen? Falls ja, wer davon hat dich meisten fasziniert?

 

Nach der Deutschlandpremiere von "Der erste Kontakt" hatte ich bei der anschließenden Party die Gelegenheit mit Jonathan Frakes, LeVar Burton und Marina Sirtis sowie Produzent Rick Berman zu reden. Keiner von den vieren hat irgendwelche Allüren erkennen lassen. Sie kamen einfach sympathisch rüber. Ich glaube, Berman hat mich am meisten beeindruckt, weil er zu der Zeit ja das gesamte Star Trek-Franchise unter sich hatte und sehr viele Leute davon abhängig waren, dass er die richtigen Entscheidungen traf. Jemand in einer solchen Position könnte sehr gestresst oder auch sehr überheblich sein, aber er war einfach ganz entspannt.

 

Keinen guten Eindruck hat dagegen Patrick Stewart hinterlassen, dem ich bei der Pressekonferenz zum ersten "X-Men"-Film begegnet bin. Bei der Konferenz saß fast die gesamte Schauspielertruppe, inklusive Halle Berry. Wenn eine Frage an Stewart ging, hat er diese Frage beantwortet und niemand sonst hat geredet. Ging jedoch eine Frage an die Kollegen, warf Stewart nach deren Antworten immer noch eine kleine Pointe in den Raum, womit die Aufmerksamkeit stets wieder auf ihn gelenkt wurde.

 

Ich empfand das als sehr respektlos den anderen gegenüber, denn der Saal lachte dann über Stewarts Einwurf, während von deer eigentliche Antwort kaum Notiz genommen wurde.

 

Das kann ich gut verstehen und es sagt gewiss etwas über seinen Charakter aus. Ich habe durch die VFX-Tätigkeit meines Mannes auch schon Schauspieler kennengelernt und das Bild in der Öffentlichkeit entspricht manchmal ganz und gar nicht der Realität. In beide Richtungen wohlgemerkt ...

 

Falls du eine Rede vor den Vereinten Nationen halten dürftest, um welches Thema würde es vorrangig gehen?

 

Umweltschutz; alles andere erledigt sich nämlich von selbst, wenn man diesen nicht an die oberste Stelle setzt.

 

Gibt es einen absoluten Lieblingsschriftsteller, der dich mehr als alle anderen beeindruckt,  bzw. geprägt hat?

 

Meine Lieblingsautoren sind J.G. Ballard, Ray Bradbury, Michael Moorcock, Jules Verne, Rod Serling (der Mann, der die "Twilight Zone" erfunden hat). Ich würde allerdings weder von "beeindruckt", noch von "geprägt" reden. Ich würde wohl dazu tendieren, dass mich vieles von dem fasziniert hat, was diese Autoren veröffentlicht haben. Leider weilt ja nur noch Moorcock unter den Lebenden.

 

Bitte gib uns noch einen gut gemeinten Ratschlag fürs Leben.

 

Nie entmutigen lassen, wenn jemand einem sagt, dass man etwas nicht kann oder dass man nicht gut genug ist.

 

Ein schönes Schlusswort. Vielen herzlichen Dank für das ausführliche und spannende Interwiew.

 


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